Wie entstehen eigentlich Ideen in unserem Gehirn?

von | 2. November 2023

Kreativität scheint sowas wie der heilige Gral zu sein. Wir alle wollen sie, aber woher sie eigentlich kommt, weiß keiner. Doch die Wissenschaft hat endlich Antworten. Wir geben dir einen Überblick.

Es gibt sie: diese unglaublich kreativen Köpfe. Egal, welches Problem – sie finden immer eine Lösung. Für jede noch so langweilige Thematik entwickeln sie eine kreative Botschaft. Aber wie machen die das? Sind die Gehirne von kreativen Menschen wirklich anders? 

Wissen, was in unseren Köpfen vorgeht

Die Forschung kann hier mittlerweile viele Antworten geben. Dank neurowissenschaftlicher Fortschritte boomt die Kreativitätsforschung. Insbesondere die Netzwerkwissenschaft gibt Aufschluss über das, was in unseren Köpfen vorgeht. Ein Teil unseres Gehirns ist dabei besonders ins Visier der Wissenschaftler gerückt. Das divergente Denken sorgt dafür, dass zeitgleich mehrere im Gedächtnis gespeicherte Konzepte aktiv sind, die aber nur schwach miteinander verbunden sind – das ist sozusagen die Essenz der Kreativität. Ganz simpel ausgedrückt bedeutet das: Wer flexibel verschiedene Gedanken in seinem Kopf verknüpft, der hat die besseren Ideen.

Wie kann das in der Praxis aussehen? Nehmen wir mal an du wirst gefragt, was du mit einem Tisch machen würdest. Die häufigste Antwort wird wohl lauten: Etwas draufstellen, am Tisch sitzen, am Tisch essen usw. Nichts neues, wenig kreativ also. Deutlich außergewöhnlicher wäre z. B. die Antwort, dass sie unter dem Tisch eine Höhle bauen würden. Dieses Beispiel zeigt eine sogenannte semantische Distanz und diese geht mit erhöhter Kreativität einher.

Ablenkung und Konzentration

Es gibt aber noch mehr Eigenschaften, die Einfluss auf unsere Kreativität haben. Untersuchungen zeigen, dass offene Menschen deutlich öfter divergentes Denken nutzen und somit auch mehr kreative Einfälle haben. Woran liegt das? Durch ihre Offenheit haben diese Personen vermutlich einen größeren Erfahrungsschatz – somit greifen sie auf mehr Wissen zurück und können noch wilder in ihrem Gehirn verknüpfen. Denn Wissen ist eines der Fundamente der Kreativität.

Also setzt du dich am besten einer stimulierenden Umgebung mit vielen Menschen aus? Quasi Extraversion par excellence. Nicht unbedingt. Auch hierauf gibt die Wissenschaft Antworten. Denn Untersuchungen haben gezeigt, dass es drei für die Kreativität wichtige Gehirnbereiche gibt. Einer davon ist das Default Mode Network – kurz DMN. Das DMN ist sowas wie unser Grundmodus. Wenn wir uns gerade auf nichts Wichtiges konzentrieren müssen, dann läuft das DMN. Das bedeutet aber auch: In Situationen mit vielen Umweltreizen ist das DMN stumm. Und das ist schade – denn das DMN stellt Informationen bereit, ohne dass wir diese aktiv suchen müssen. Damit gibt es uns wohl die sagenumwobenen Blitzeinfälle. 

Und als wäre das nicht kompliziert genug ist auch der Gegenspieler des DMN an unserer Kreativität beteiligt: das exekutive Netzwerk. Dieses Netzwerk hilft uns, Gedanken zielgerichtet zu steuern und irrelevante Reize auszublenden. Dabei siedelt sich das exekutive Netzwerk einen Schritt nach dem DMN an – das DMN spielt uns Ideen zu, das exekutive Netzwerk sortiert und bewertet die Ideen. In Gehirnscans sieht man genau das – sind wir mit sehr kreativen Aufgaben beschäftigt kommunizieren diese beiden Hirnbereiche. Der Dritte im Bunde ist das Salienznetzwerk. Es springt immer dann an, wenn wir Reizen ausgesetzt sind und hilft uns, unsere Aufmerksamkeit zu steuern. Damit ist es quasi der Vermittler zwischen DMN und exekutivem Netzwerk.

Unser IQ und die Kreativität

Und dann gibt es da noch einen großen Einflussfaktor – wir haben es bereits erwähnt: Wissen macht kreativ. Das bedeutet, dass eine allgemeine Intelligenz und divergentes Denken eng zusammenhängen. Somit steht ein ausreichend hoher IQ auch für mehr Kreativität. 

Kreativität kann man lernen

Aber keine Panik: Du musst kein Albert Einstein sein, um kreativ denken zu können. Und das Beste: Du kannst es sogar trainieren. Indem du das Spiel aus Konzentration und Ablenkung durchführst, kannst du deine Kreativität steigern. Außerdem ist es hilfreich, wenn du viel liest, an Problemstellungen arbeitest oder z. B. künstlerisch tätig bist. All das sorgt dafür, dass neue Verknüpfungen in dem Gehirn entstehen und du leichter unterschiedliche Aufgabenstellungen zusammenbringen kannst.